Brustkrebs kann tödlich sein, wenn er zu spät entdeckt wird

    Rund 6’500 Frauen erhalten jedes Jahr die Diagnose Brustkrebs. Die Krankheit ist damit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Dennoch wird in unserer Gesellschaft immer noch zu wenig über Brustkrebs gesprochen. Ein Tabu, das PD Dr. Nik Hauser, Facharzt für Gynäkologie des Frauenarztzentrums Aargau und Christina Christen, Präsidentin EUROPA DONNA Schweiz, zu brechen versuchen.

    (Bilder: zVg) EUROPA DONNA Schweiz ist die einzige Patientinnenorganisation für brustkrebsbetroffene Frauen in der Deutschschweiz.

    Ein Leben mit OPs und Chemotherapie, ein Leben ohne Brust, ein Leben voller Angst und Schmerzen – so kann das Leben eines/einer Brustkrebsbetroffenen aussehen, wenn die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und lebt dennoch im Schatten der Aufmerksamkeit. Vor allem jüngere Frauen und Frauen über 70 sind sich der Gefahr von Brustkrebs häufig nicht bewusst. Brustkrebsprävention nehmen viele Frauen deshalb zu wenig ernst. Eine Entscheidung, die Folgen haben kann. Denn wenn Brustkrebs nicht rechtzeitig erkannt wird, kann dies tödlich enden.

    PD Dr. Nik Hauser ist Facharzt für Gynäkologie und zusammen mit seinem Team im Frauenarztzentrum Aargau. Gemeinsam arbeiten sie seit vielen Jahren mit Brustkrebspatient/innen und begleiten sie auf ihrem Weg: «Dank der Früherkennung und den modernen Behandlungsmöglichkeiten, die wir heute zur Verfügung haben, können wir über 90 Prozent der Brustkrebserkrankungen heilen. Wichtig, um Heilung zu erzielen, ist die frühe Diagnose und die individuell korrekte Therapie der Brustkrebserkrankung.» Trotzdem haben in der Schweiz noch nicht alle Frauen Zugang zu optimaler Früherkennung, Behandlung und Nachsorge bei Brustkrebs.

    Die Brustkrebs-Aufklärungsaktion im Pink Cube mit kostenloser Beratung und Tastuntersuchung der Brust ist ein Initiative von MSD und wird von EUROPA DONNA Schweiz und den Mitorganisatoren GILEAD und AstraZeneca unterstützt.

    EUROPA DONNA und ihr Kampf gegen Brustkrebs
    Seit 2003 setzt sich die Organisation EUROPA DONNA Schweiz dafür ein, die Schweizer Bevölkerung für die Krankheit Brustkrebs zu sensibilisieren und darüber aufzuklären. Vor allem ein einheitliches qualitätsgesichertes Mammografie-Screening-Programm, eine Röntgenuntersuchung auf Brustkrebs, in allen Kantonen liegt der Organisation am Herzen. Nik Hauser unterstützt EUROPA DONNA. Zusammen mit weiteren Freiwilligen engagiert er sich seit Jahren für bessere Präventions- und Untersuchungsmöglichkeiten: «In den letzten 20 Jahren hat die Diagnostik und die Behandlung der Brustkrebserkrankung sehr grosse Fortschritte gemacht. Wir können die Krankheit immer individueller behandeln, da uns bessere Abklärungsmöglichkeiten und eine grössere Auswahl gezielt wirkender Medikamente zur Verfügung steht.»

    Die regelmässige Tastuntersuchung der Brust ist eine einfache Massnahme, die jede Frau ganz einfach selbstständig durchführen kann.

    Brustkrebs ist mehr als eine körperliche Erkrankung
    Doch nicht nur die medizinische Untersuchung gehört zu Nik Hausers Aufgabenfeld. Zusammen mit seinem Team berät, betreut und behandelt er Frauen mit Brustkrebserkrankungen: «Als unsere Aufgabe sehe ich nicht nur die medizinische Betreuung, sondern auch für die individuell benötigten Hilfen eine Anlaufstelle zu sein. Wir arbeiten mit vielen medizinischen Fachpersonen und Disziplinen zusammen. Der Kontakt zu Patientenorganisationen und das Vermitteln von Hilfsangeboten in persönlicher oder elektronischer Form ist für viele Patientinnen wichtig und kann ihnen als zusätzliches Angebot eine Hilfestellung sein.»


    Nachgefragt

    EUROPA DONNA Schweiz ist die Schweizer Patientenorganisation, welche die Stimme für tausende Brustkrebsbetroffene ist. Doch welche Personen stecken hinter dieser Organisation? 2004 erhielt Christina Christen die Diagnose Brustkrebs. 2006 wurde aus ihrem persönlichen Einzelkampf gegen die Krankheit ein Engagement für die Schweizer Gesellschaft, als sie EUROPA DONNA Schweiz beitrat. 2023 wurde sie nun zur Präsidentin der Organisation gewählt.

    (Bild: zVg) Christina Christen und Nik Hauser (v.l.): Sie arbeiten unermüdlich, dass die Gesellschaft mehr auf das Tabuthema Brustkrebs sensibilisiert wird.

    Bei einer frühzeitigen Erkennung und geeigneten Behandlung besteht laut der Medizin eine gute Chance auf Heilung. Wie sieht es mit der frühzeitigen Erkennung in der Praxis aus, lassen sich schon genügend Menschen präventiv untersuchen?
    Christina Christen: Nein. Viele junge Frauen und Frauen Ü70 sind sich nicht bewusst, dass auch sie Brustkrebs bekommen können. Brustkrebs kennt kein Alter. Jede 5. diagnostizierte Frau ist unter 50. Auch ältere Frauen und Männer können Brustkrebs bekommen.

    Wie können Sie sich dieses Verhaltensmuster erklären?
    Wenn überhaupt im Wohnkanton ein qualitätsgesichertes Mammografie-Screening Programm vorhanden ist, werden erst Frauen ab 50 bis 70 angesprochen. Junge Frauen machen sich wenig Gedanken darüber, auch weil in der Öffentlichkeit weniger darüber gesprochen wird.

    Pink ist die Farbe der Krankheit Brustkrebs und der damit verbundenen Aufklärungsaktion, die seit Jahren im Gang ist. Was bedeutet für Sie persönlich die Farbe Pink?
    Nächstenliebe, weibliche Energie, Mitgefühl, Zerbrechlichkeit und Toleranz, aber jetzt auch POWER.

    Mehr und mehr Prominente und Unternehmen engagieren sich öffentlich für die Aufklärung über Brustkrebs. Auf welche Faktoren ist ihrer Meinung nach dieses steigende Engagement zurückzuführen?
    Die beste Prävention ist Aufklärung, das haben viele Unternehmen und Prominente erkannt. Prominente als Vorbilder in den sozialen Media und viele Pharmafirmen möchten ein Zeichen setzen. Geld wird in die Prävention gesteckt. Prävention muss vor einer besten Behandlung stehen.

    Was ist Ihr persönlicher Antrieb für Ihr vielfältiges Engagement als Präsidentin von EUROPA DONNA Schweiz?
    Seit meiner Diagnose vor 19 Jahren hat EUROPA DONNA Schweiz einiges erreicht, aber immer noch nicht ein qualitätsgesichertes Mammografie-Screening Programm in allen Kantonen. Es muss für alle Frauen eine Selbstverständlichkeit sein, Qualität zu bekommen und nicht Glück, wo man hingeschickt wird.

    Was kann jeder Mensch eigenhändig tun, um die Aufklärung in der Gesellschaft voranzutreiben?
    Frauen mit Brustkrebs sollen sich nicht verstecken. Brustkrebs ist nicht ansteckend, deshalb sollte man offen darüber sprechen. Um Brustkrebs frühzeitig zu entdecken, braucht es Eigeninitiative. Ein erster Schritt in diese Richtung ist, wenn Frauen mit Freundinnen und Freunden über Brustabtastung und Kontrolle beim Gynäkologen/-in sprechen.

    Ein ungesunder Lebensstil kann das Risiko von Brustkrebs erhöhen. Doch vor allem, wenn man jünger ist, hat man das Risiko von Brustkrebs nicht vor Augen. Was würden Sie diesen Menschen gerne sagen?
    Schaut mich an. Ich war auch jung, als ich die Diagnose erhielt. Fragt meine jungen Frauen in der Tavola Rosa, Selbsthilfeangebot für Brustkrebs-Patientinnen in Zürich, was sie ändern würden, hätten sie die Chance. Alles im Übermass ist ungesund. Findet eure gesunde Balance für euer Herz, Seele und Körper. Geniesst euer Leben, JETZT.

    Was muss sich in unserer Gesellschaft noch grundlegend verändern, damit Sie zufrieden sagen können: «Ich habe mein persönliches Ziel erreicht»?
    Prävention muss vor Behandlung/Heilung stehen, egal um welche Krebsart es geht. Ein qualitätsgesichertes Mammografie-Screening Programm in allen Kantonen. In allen Kantonen eine Tavola Rosa zu haben, wäre zudem sehr schön.

    Interview: Lilly Rüdel

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